Das Community Onlinemagazin zu kulturellen und gesellschaftlichen Themen – von Stormarnerinnen und Stormarner für Stormarnerinnen und Stormarner
Stormunity – das Onlinemagazin stellt in loser Folge Jugendtreffs im Kreis vor. Diesmal das Bruno-Bröker-Haus in Ahrensburg.
Stimmen füllen den Raum, Gelächter, das Klacken von Billardkugeln und Tischfußball-Bällen: Im großen Aufenthaltsraum des Bruno-Bröker-Hauses in Ahrensburg sind rund ein Dutzend Jugendliche versammelt. Die meisten sitzen im Kreis auf einer Sitzgruppe aus Sofas und Sesseln. Daneben liefern sich zwei ein Duell am Kickertisch. Und einen Treppenabsatz höher an dem einen Ende des Raums spielen zwei Jungs Billard. Der Aufenthaltsraum ist weitläufig, hat eine hohe Decke und viele hohe Fenster. Am anderen Ende ist eine Theke mit einem Wasserspender.
Auf der Sitzgruppe gibt es eine erregte Diskussion unter den ausschließlich männlichen Jugendlichen. Es geht um Gewalt und Selbstverteidigung. „Wenn mich jemand mit einem Messer angreift, darf ich ihn dann mit einer Pistole erschießen?“, fragt einer aus der Runde. „Nur bei Lebensgefahr für dich und wenn es kein anderes Mittel zu deiner Verteidigung gibt“, antwortet Sozialpädagoge Bernd Harms. Und erklärt den Jugendlichen das Recht auf Notwehr und dessen Grenzen.
Zu der Gruppe gehören Simon (15 Jahre alt), Achmed (15), Ali (13) und Redu (14). „Ich komme öfter hierher, um Freunde zu treffen“, sagt Simon. „Hier kann man neue Leute kennenlernen und es ist immer was los“, ergänzt Achmed. Sozialpädagoge Bernd Harms ist einer von drei hauptamtlichen Mitarbeitern des Bruno, wie das Bruno-Bröker-Haus und der Jugendtreff in Ahrensburg kurz genannt werden. Neben ihm gibt es noch Diplom-Pädagogin und Sozialarbeiterin Maike Saunus und den Leiter der Einrichtung, Bernd Meyerink. Unterstützt werden sie von Bundesfreiwilligen (Bufdis) und Praktikanten. Unter Letzteren sind immer mal wieder welche dabei, die aus dem Ausland, etwa aus Ahrensburgs Partnerstädten, kommen.
Das Bruno liegt am Stormarnplatz im Zentrum Ahrensburgs neben dem Rathaus, mit der Rückseite zur Klaus-Groth-Straße hin. Es ist das zentralste und größte Jugendzentrum der Schlossstadt. 1953 wurde es auf das maßgebliche Bestreben des Ahrensburger Gemeindevertreters Bruno Bröker (SPD) hin als Jugendheim gegründet. Nach dessen Tod 1957 wurde das Haus daher nach ihm benannt.
Heutzutage ist die städtische Einrichtung montags bis freitags von 15 bis 20 Uhr geöffnet, auch in den Schulferien. Nach Vereinbarung sind auch vormittags Einzeltermine für Beratungen und Hilfe möglich, etwa zu Bewerbungen, Ausbildungsplatzsuche und Behördengängen. Zielgruppe des Bruno sind Jugendliche und junge Erwachsene von 12 bis 21 Jahren. Sie dürfen nicht nur die Einrichtung des Hauses, etwa mit Kicker- und Billardtisch, WLAN, Küche, Bastel-, Musik- und Tanzraum, nutzen. Dazu kommen noch jede Woche regelmäßige Angebote und Kurse aus verschiedenen Bereichen, geleitet und organisiert von Ehrenamtlichen oder Honorarkräften.
Zu diesen Angeboten des Bruno gehört etwa ein Tanz-Workshop jeden Montag und Freitag von 18 bis 21 Uhr. „Break the ballet“ heißt dann das Motto. „Wir wollen klassisches Ballett mit Breakdance, Streetdance und Old School Hip-Hop verbinden“, sagt Cliff Mbidzo. Der 26-Jährige leitet zusammen mit der 21 Jahre alten Isabela Grunow den Workshop. Beruflich ist er Mechatroniker, hat eine Fortbildung zum Tanztrainer gemacht.
Zu dem Workshop sind an einem Freitag 13 Teilnehmer gekommen. Dabei sind die Mädchen deutlich in der Überzahl, in der Breakdance-Gruppe sind immerhin drei Jungen dabei. So wie Ben (16), der seit vier Jahren ins Bruno kommt. „Ich kann hier ernsthaft Breakdance machen, mit Disziplin, Körperspannung und Fitness“, sagt der Schüler der elften Klasse des Ahrensburger Eric-Kandel-Gymnasiums. Er wirbelt mit Armen und Beinen auf der Tanzfläche, dreht sich kopfüber im Kreis.
Die Breakdancer teilen sich den Tanzraum des Bruno mit einer Spiegelwand an einer Seite mit einer Gruppe aus vier Mädchen, die mit Isabela Grunow Ballett üben. Beide Gruppen verbinden ihr Können in gemeinsamen Choreografien. Eine davon haben sie auch schon öffentlich aufgeführt, beim Stadtfest in Ahrensburgs Partnerstadt Ludwigslust im Juni dieses Jahres.
Musikalisch geht es auch im Bandraum des Bruno zu, im anderen Flügel des Hauses. Dort finden Musiker vieles, was ihr Herz begehrt: E- und Akustikgitarren, ein Schlagzeug, Bass-Verstärker und Mikrofone. „Es ist alles da, was man braucht, um Musik zu machen“, sagt Nico Abbe. „Das ist ganz geil.“ Der 16 Jahre alte Schüler der Ahrensburger Stormarnschule nutzt den Bandraum donnerstags, um für das Bruno ein offenes Musikangebot zu machen. Derzeit sind Arianna Hernandez (16) und ihre Schwester Samantha mit dabei. Dann spielt Nico Gitarre und die Mädels singen, auf dem Programm stehen Rock- und Popsongs. Und freitags wird der Raum zum Probenraum, dann spielt Nico dort mit seiner Band, die sich gerade neu formiert, Rock- und Heavy-Metal-Musik.
Sportlich wird es im Bruno donnerstags von 18.30 bis 20 Uhr beim Selbstverteidigungskurs. Teilnehmer sind unter anderem Yazan und Nikolas. Sie stehen sich im Tanzraum gegenüber, versuchen sich mit leichten Schlägen am Oberkörper zu treffen und gleichzeitig die Hände als Schutz zu nutzen. „Immer die Arme oben halten, das verschafft euch Deckung“, sagt Felix Worbs, der danebensteht und das Ganze beobachtet. Er und seine Mutter Christina leiten den Kurs, sie sind lizenzierte Taekwondo-Trainer und haben mit anderen den Verein „Triple F“ gegründet. Letzteres steht für „Felix Fight Factory“, der Verein bietet in Ahrensburg unter anderem Taekwondo-Training, Kurse für Selbstverteidigung und Fitness sowie Kindersport an.
Die Teilnehmer im Bruno lernen nicht nur sich zu verteidigen, sondern trainieren auch Ringen und Grappling, eine Kampfsportart, bei dem der Gegner durch Grifftechniken unter Kontrolle gebracht wird. Meistens kommen vier bis zehn Jugendliche zu dem Kurs. „Das Training schult auch Konzentration, Reaktionsschnelligkeit und Koordinationsfähigkeit“, sagt Trainerin Christina Worbs. „Wir zeigen den Jugendlichen, wie sie aus gefährlichen Situationen herauskommen, und erklären dabei auch die Regeln und Grenzen von Notwehr. Und durch das Training holen wir sie auch von der Straße weg.“
Das Ziel solcher und weiterer Angebote und der Arbeit im Bruno sei es, den Jugendlichen so viele positive Erlebnisse wie möglich zu verschaffen, sagt Mitarbeiter Bernd Harms. „Wir nehmen sie so, wie sie sind, und wollen gar nicht an ihnen herumdoktern oder sie erziehen“, sagt Harms. „Bei uns ist jeder willkommen, egal welche Herkunft er hat, Religion oder politische Einstellung, solange er sich an unsere Hausregeln für ein friedliches Zusammenleben hält.“
Seine Kollegin Maike Saunus ergänzt: „Die Besucher dürfen hier Jugendliche sein, sie dürfen sich bewegen, sich auch austoben und auch laut sein.“ Die Sozialarbeiterin ist seit fünf Jahren im Bruno dabei. „Unsere Angebote sollen so niedrigschwellig wie möglich sein, wir wollen die Jugendlichen dort hinbringen, wo sie hingehören, zu einem Schulabschluss und einer Berufsausbildung“, sagt sie.
Bernd Meyerink ist seit 32 Jahren Leiter des Bruno-Bröker-Hauses. „Dass die Jugend von heute viel schlimmer ist als die Jugendlichen früher, das stimmt aus meiner Erfahrung einfach nicht“, sagt der 64 Jahre alte Sozialarbeiter. „Es war und ist immer schwierig, die Jugendlichen zu motivieren und ihre Kompetenzen zu fördern.“ Über die Jahre hinweg betrachtet, seien die Teilnehmer- und Besucherzahlen im Bruno sogar angestiegen. Nach der aktuellen hauseigenen Statistik sind 135 Besucher im März 2022 ins Bruno gekommen, Durchschnittsalter: 16,5 Jahre. Die Meisten von ihnen waren Schülerinnen und Schüler, rund 60 Prozent hatten einen Migrationshintergrund, rund 32 Prozent waren weiblich.
„Bunt, beliebt, beständig, Bruno“ lautet das Motto des Jugendzentrums. „Zu uns kommen nicht nur junge Menschen aus Ahrensburg, sondern auch aus dem gesamten Umland“, sagt Bruno-Leiter Meyerink. „Teilweise sind es die Kinder von Eltern, die selbst als Jugendliche im Bruno ihre Freizeit verbracht haben.“ Und damit das Bruno in Ahrensburg beständig bleibt, stehen umfangreiche Sanierungsarbeiten des Gebäudes an, die im Herbst 2022 beginnen und ein Jahr dauern sollen. Solange zieht das Jugendzentrum ein paar hundert Meter weiter in die Räume der alten Fritz-Reuter-Schule. „Unser saniertes und neues Haus am Stormarnplatz würde ich gerne noch erleben, bevor ich in Rente gehe“, sagt Bernd Meyerink.
Adresse:
Stormarnplatz
22926 Ahrensburg
Öffnungszeit:
montags bis freitags von 15 bis 20 Uhr
Einzeltermine nach Vereinbarung
Telefon: 04102/77 176
E-Mail: bbh@ahrensburg.de
Internet: www.brunobroekerhaus.de
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