Wo Kinder an ihrer Rolle wachsen können

Kai Fischer leitet in der Theaterwerkstatt im Kleinen Theater Bargteheide die Wurzelkinder, eine Gruppe von Sechs- bis Neunjährigen. „Ursprünglich wollte ich im Job und Ehrenamt nicht die gleiche Rolle bekleiden und habe mich am Anfang geziert, die Aufgabe zu übernehmen“, sagt Kai Fischer. Doch die Lust, mit den Kindern etwas auf die Beine zu stellen, sei größer gewesen, zumal Tochter Smilla mit von der Partie ist.

Fischer, der mit seiner Familie in Bargteheide lebt und als Regisseur und Theaterpädagoge in Hamburg arbeitet, hat 2016 den zweiten Vorsitz der Theaterwerkstatt übernommen. Er ist dem Kleinen Theater bereits seit 35 Jahren treu: Er kam auf Anraten seiner Logopädin zum Schauspiel, um einen Sprachfehler zu korrigieren. „Drei Männer im Schnee“ war sein erstes Stück – und nicht das letzte. Für den Vorgänger der Theaterwerkstatt, das "Blaue Wölkchen" unter Leitung von Kirsten Martensen, kümmerte sich Fischer ums Licht und übernahm die Assistenz. Eine Zeit, die ihn sehr geprägt habe. „Die Softskills haben mich später in vielen Situationen gerettet“, erinnert sich der 47-Jährige. „Viele, die vom Kleinen Theater kommen, haben in diesem Bereich Karriere gemacht - manche sogar in Hollywood.“

Die Geschichte handelt vom Jahreszyklus der Natur

Es sei ein Geschenk, Kindern Kunst und Kultur früh zugänglich zu machen, ihnen beizubringen, die verschiedenen Emotionen an die Zuschauer weiterzugeben. Mit den ganz Kleinen arbeite er jetzt jedoch zum ersten Mal. Eine besondere Herausforderung, die sich der Theatermacher gerne stellt. Er sagt: „Damit die Kleinen eine Stunde lang konzentriert und aufmerksam bleiben, hat jeder auf der Bühne eine Aufgabe. Sie müssen das Gefühl haben, einen Job zu erfüllen. Erst dann wird es gut.“

Fischer hat sich bewusst gegen ein Weihnachtsmärchen entschieden, um den hohen Erwartungen nicht entsprechen zu müssen. Diesen Part überlässt er den älteren Kindern unter Regie von Doris Paul, erste Vorsitzende der Theaterwerkstatt. Seine Gruppe probt derzeit das Stück „Neues von den Wurzelkindern“, eine Geschichte, die sich um den Jahreszyklus der Natur dreht und auf dem Kinderbuch von Sibylle von Olfers basiert, das bekannt für seine Jugendstilzeichnungen ist. Aus 20 Zeilen in Gedichtform hat Fischer das Stück geschrieben, in dem es um ein Leben im Einklang mit der Natur geht. „Wie im wahren Leben spielen die Wurzelkinder, streiten, ernten und faulenzen. Doch es spricht auch ernsthafte Themen an, wie Streit, Neid und den Tod, der am Ende eines Zyklus nun mal dabei ist.“ Theater könne ein Katalysator sein, ein Ort, an dem Gesprächsstoff entsteht und Wachstum passiert – nicht nur in der Geschichte, sondern auch im wirklichen Leben. Die acht Theaterkinder hätten in den vergangenen Monaten ebenfalls viel gelernt und seien an den Herausforderungen gewachsen, so Fischer.

Stück wird an Bedürfnisse der Gruppe angepasst

Und nach der Premiere, am 21. Mai? „Im Sommer fangen wir wieder damit an, eine neue Gruppe zu finden, die Kinder spielerisch kennenzulernen und auf dieser Basis die Texte zu entwickeln“, sagt Fischer, der sich noch nicht im Klaren darüber ist, ob er die Gruppe auch in der kommenden Saison begleiten wird. Der Vollzeitjob in Hamburg sei fordernd. Zudem komme die Arbeit dazu, ein Stück auf die Bedürfnisse der Gruppe anzupassen und die Texte umzuschreiben. „Mir ist es wichtig, gleichwertige Rollen für alle Kinder zu schaffen und keine Märchen mit wenigen Hauptrollen nachzuerzählen“, so der Theaterpädagoge. „Ich nehme dazu eine bekannte Grundidee und arbeite sie mit verschiedenen Versatzstücken aus. Nur so können sich die Kinder in den Charakteren wiederfinden und an ihrer Aufgabe wachsen.“

„Neues von den Wurzelkindern“ Samstag, 21.5., 15 Uhr, Sonntag, 22.5., 11.30 und 15 Uhr, Stück für Zuschauer ab vier Jahren, Dauer ca. 50 Min.,  Kleines Theater Bargteheide, Hamburger Straße 3, Karte Erwachsene 10 Euro, Kinder 6 Euro, Vorverkauf unter www.kleines-theater-bargteheide.de, dort findet sich auch eine Auflistung aller Vorverkaufsstellen