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Der Aufsatz befasst sich mit der Entwicklung der Benennung von Straßen in Oststeinbek und ihrer inhaltlichen Aussage. Die Thematik politisch belasteter Straßennamen spielt für Oststeinbek keine Rolle, weil es keine gab. Während der nationalsozialistischen Herrschaft setzte sich die Einwohnerschaft Oststeinbeks zu rund 70 % aus Arbeitern und Handwerkern, also traditionellen Wählern von SPD und KPD, und zu 30 % aus bäuerlichen Familien zusammen. Darüber hinaus leitete mit Arthur Husen ein ›Erzkonservativer‹ als Bürgermeister die Geschicke der Gemeinde, obwohl er formal Parteimitglied der NSDAP war.
Ziel dieses Aufsatzes ist dagegen, aufzuzeigen, wie die Benennung von Straßen zunehmend die Geschichte einer Gemeinde ›unsichtbar‹ machen kann.
Nach heutiger Erkenntnis dürfte es zur Zeit der Anfänge des Dorfes nur drei Wege gegeben haben, die auch mit Namen belegt gewesen sein dürften. Die Siedlung war klein. Von Straßen im heutigen Sinne kann keine Rede sein. Die Wege, um die es geht, dürften Lägerfeld, Meienhoop und Barsbütteler Weg gewesen sein. Diese Straßen existieren heute noch und tragen weiterhin ihre alten Namen.
Barsbütteler Weg
Für den Barsbütteler Weg gibt es eine simple Erklärung. Solange es die Autobahnen A 1 und A 24 noch nicht gab, war dieser Weg die einzige direkte Verbindung der beiden Dörfer. Für die Barsbütteler Einwohner war dieser Weg auch der Kirchenstieg, auf dem sie über den Oststeinbeker Kirchenstieg die Kirche in ›kerke sten beke‹ erreichten.
Lägerfeld
Der Name bezeichnete eine Flur zwischen dem östlichen Ende des bebauten Dorfes Oststeinbek und dem Gut Domhorst. Nach Otto Mensings Schleswig-Holsteinischem Wörterbuch leitet sich ›Läger‹ von dem niederdeutschen Wort ›leger‹ ab und bedeutet so viel wie ›nahe bei‹ oder ›in der Nähe von‹. Leger wird gelegentlich noch in der Küstenschifffahrt benutzt, wo von ›legerwall‹ gesprochen wird, wenn ›Küstennähe‹ gemeint ist.
Bis in die Neuzeit endete die östliche Bebauung des Dorfes Oststeinbek am Forellenbach, ungefähr in Höhe der heutigen Feuerwehr an der Stormarnstraße. Jenseits der Bebauung gab es Wiesen und Äcker, sie lagen außerhalb des Dorfes, also ›leger‹. Auch aus Sicht des Gutes Domhorst, dem die meisten Wiesen und Äcker gehörten, lagen sie ›leger‹ des Gutes.
Der Name blieb bestehen, auch als das Gelände bebaut wurde. Nach der Schilderung von Walter Grünitz in der von ihm und dem Verfasser herausgegebenen Broschüre ›Grünitz – eine Familie schreibt Dorfgeschichte‹ erwarb sein Vorfahre Heinrich Grünitz im Jahre 1888 von dem Landmann Hans Rudolph Banks, dem damaligen Eigentümer des Gutes Domhorst, Äcker und Wiesenparzellen auf dem Lägerfeld in einer Flächengröße von insgesamt 41.594 qm. Die
Bebauung der in Parzellen aufgeteilten Flur durch Mitglieder der Familie Grünitz begann um das Jahr 1925, nachdem die Äcker zunächst teilweise mit der Anlage von Spargelfeldern bewirtschaftet worden waren. Auch nach fortgeschrittener Bebauung der gesamten Flur blieb der Name Lägerfeld als Straßenname erhalten, obwohl das Lägerfeld seine eigentliche Bedeutung verloren hatte.
Meienhoop
Nach Otto Mensing bedeutet ›Maien‹ unter anderem das junge Birken- oder Buchenlaub, mit dem man am 1. Mai oder zu Pfingsten die Häuser schmückte. Maien hat auch die Bedeutung ›letztes Fuder der Ernte‹, das mit Laub geschmückt wird. ›Hoop‹ hat nach Otto Mensing die Bedeutung von ›Haufe‹ , aber auch von einem größeren Dutt. Ferner kommt ihm die Bedeutung von einem ›besonders kleinen Heuhaufen‹ oder ›einem Arm oder einer Forke voll Heu bei der Heuernte‹ zu. Da sich östlich von Meienhoop eine im Volksmund ›Tiefe Wiesen‹ benannte Flur anschloss,
ein Gelände, das wegen seiner Nässe nur zur Weide taugte, ist die folgende Deutung wahrscheinlich: Die Dorfbewohner holten dort ihr Gras oder ihr Heu bündelweise, um es für die Viehfütterung oder zum Heizen zu nutzen. Diese Interpretation lässt den Namen ›Meienhoop‹ plausibel erscheinen.
Die weitere Bebauung der mittlerweile etwas größer gewordenen Siedlung setzte erst spät ein. Sie erfolgte in mehreren Wellen, immer nach durch außerörtlich verursachten Bevölkerungsbewegungen. Es begann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, nachdem unter anderem Schiffbek und Hamburg industrialisiert worden waren. Tausende Arbeiter waren von weither gekommen und bevölkerten mit ihren Familien die Städte. Diese Menschen mussten ernährt werden. Das war die Stunde der Jungbauern insbesondere aus den Marsch- und Vierlanden. Sie verließen ihre Dörfer und zogen auf die Geest, unter anderem auch nach Oststeinbek.
Dort erwarben sie zu bewirtschaftendes Land und betrieben in großem Stil Gemüseanbau. Für Oststeinbek hatte es beispielsweise zur Folge, dass um die Wende zum 20. Jahrhundert außer den sechs Hufen noch annähernd 20 kleinere Bauernhöfe entstanden waren.
Eine nächste kleinere Wanderungsbewegung wurde durch den Ersten Weltkrieg ausgelöst, als Flüchtlinge aus dem Osten Deutschlands und Europas auch Oststeinbek erreichten.
Einen größeren Schub an Zuwanderern und Siedlern aus Hamburg erlebte Oststeinbek Ende der 1920er- und Anfang der 1930er-Jahre, ausgelöst durch großen Wohnungsmangel dort. Übertroffen wurde diese Entwicklung noch durch die Flüchtlingswellen 1943 nach dem Bombenterror auf Hamburg und gegen Ende des Zweiten Weltkrieges und danach, als Tausende Flüchtlinge aus den Ostgebieten Deutschlands geflohen oder vertrieben worden waren.
Alle diese Ereignisse hatten zahlreiche Bauvorhaben innerhalb des Dorfareals zur Folge. Entsprechend zahlreich war die Anlage von Straßen und deren Benennung. Diese Straßennamen hatten noch überwiegend Bezug zu historischen Gegebenheiten Oststeinbeks, wie einige Beispiele, historisch nicht geordnet, zeigen:
Gerberstraße
Der Name der Straße erinnert an die in ihrer Nähe an der Möllner Landstraße und dem vorbeifließenden Forellenbach einst betriebene Gerberei. Diese bestand aus vermutlich drei Gebäuden, die heute noch vorhanden sind, nämlich dem alten Rathaus der Gemeinde und den beiden westlich davon stehenden Gebäuden.
Die Grundstücksfläche für die Gerberei war im Zuge der im Jahre 1869 durchgeführten Landesaufnahme im Zeitraum von 1884 bis 1889 grundbuchrechtlich festgeschrieben worden. Erster Eigentümer dieser als Teil einer Anbauerstelle geltenden Grundfläche wurde im Jahre 1879 der Gerber Heinrich Friedrich Wilhelm Joachim Biemann. Da der Forellenbach zu damaliger Zeit weitaus mehr Wasser führte als heutzutage, musste Biemann den Entschluss für eine Gerberei gefasst haben.
Die Gerberei ging im Jahre 1893 in Konkurs. Nach einem Zwischeneigentümer erwarb Biemann im Jahre 1898 erneut das Eigentum und betrieb wieder eine Lohgerberei und eine Lederfabrik. Schon im Jahre 1900 geriet die Gerberei erneut in Konkurs. Für die Ortsanwesenheit Biemanns spricht die Tatsache, dass im Zeitraum von 1879 bis 1898 neun Kinder mit dem Namen Biemann im Schülerverzeichnis der Schule Oststeinbeks aufgeführt waren. Die Familie Biemann verließ am 9. Mai 1905 Oststeinbek und zog nach Schiffbek (heute ein Teil von Billstedt in Hamburg). Die neuen Eigentümer, die in der Folgezeit mehrfach wechselten, scheinen die Gerberei nicht fortgeführt zu haben. Das Anwesen wurde allmählich zum Spekulationsobjekt. Die Benennung Gerberstraße erfolgte im Zuge der Bebauung des hinter der Gerberei liegenden Geländes.
Postweg und Kleiner Postweg
In der vom Barsbütteler Weg nach Osten abgehenden Sackgasse gab es eine Poststelle. Seit wann und zu welchem Zeitpunkt der Name ›Kleiner Postweg‹ vergeben wurde, konnte der Verfasser (noch) nicht ausfindig machen.
Für den ›Postweg‹ sieht das anders aus. Die nördlich davon gelegene Koppel hieß ›Breeden‹ und stand im Eigentum des jüdischen Kaufmanns Isidor Möller aus Hamburg. Ende der 1920er-Jahre parzellierte er die Flur und bot die entstandenen Grundstücke als Baugelände an. Siedler aus Hamburg griffen bereitwillig zu. So kaufte Heinrich Hartz 1929 das Grundstück Querweg 1a für 1 Mark pro qm. Mit weiteren Siedlern, unter anderem einem Siedler mit Namen Merseburger, gründete er die Siedlergemeinschaft ›Heimgarten- und Siedlungsverein e.V. Ost-Steinbek‹. Diese einigte sich mit der Gemeinde auf die Benennung der Erschließungsstraßen. Daraufhin beschloss die Gemeindevertretung (GV) in ihrer Sitzung am 8. August 1933 unter TOP 6: Die GV ist mit der Benennung der Straßen auf der Koppel Breeden mit ›Postweg‹, ›Querweg‹ und ›Breedenweg‹ einverstanden. Die Straße auf der Koppel Deefen soll ›Deefenallee‹ heißen. Hartz bebaute sein Grundstück im Jahre 1935. Es steht heute noch, wenngleich stark verändert.
Auch für westlich des Querwegs liegende Äcker entstanden Bebauungspläne. Jene Felder gehörten zum Bauernhof von Hans Heinrich Kratzmann. Von ihm erwarben Hermann und Otto Behn, letzterer sollte nach dem Zweiten Weltkrieg Ortsbürgermeister werden, Ende der 1920er-Jahre jeweils einen Acker. Hermann Behn war Maurer und errichtete für jede der beiden Familien ein Haus. Eine Straße gab es noch nicht, da der Postweg nach wie vor am Querweg endete. Postalisch gehörten die beiden ›Behn‹-Häuser deshalb zur Möllner Landstraße. Dorthin gelangten die Bewohner über einen von Hans Kratzmann geduldeten Trampelpfad über einen seiner Äcker und einen zwischen Häusern an der Möllner Landstraße bestehenden Durchgang. Erst Ende der 1959er-Jahre entstand eine Straße, die zunächst den Namen ›Verlängerter Postweg‹ trug.
Albert-Ihle-Straße
Albert Ihle war ein führender Hamburger Gewerkschafter sowie Bürgerschaftsabgeordneter. Er lebte von 1869 bis 1938. Selbst hatte er zeitlebens keine Beziehung zu Oststeinbek, wohl aber eine freundschaftliche Verbindung sowie eine gleichgesinnte Lebens- und Berufseinstellung zu einem Hamburger Bürger, der in Oststeinbek ansässig geworden war und nach 1945 eine überragende Rolle in Oststeinbek spielen sollte.
Es handelte sich um Karl Oesterle, der von 1933 bis 1949 auf Meienhoop in Oststeinbek lebte. Von Beruf Gärtner war er ein kämpferischer Gewerkschaftsführer in Hamburg und Bürgerschaftsabgeordneter der SPD. Für seinen politischen und gewerkschaftlichen Werdegang galt Albert Ihle als Ziehvater, Förderer und Wegbereiter.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges stellte sich Karl Oesterle trotz seines arbeitsreichen gewerkschaftlichen Engagements in Hamburg seiner Wohngemeinde Oststeinbek für den politischen Neuanfang ehrenamtlich zur Verfügung. Anfang Dezember 1946 wurde er zum Bürgermeister gewählt. Die ehrenamtliche Wahrnehmung seiner Tätigkeit kam auch dadurch zum Ausdruck, dass er als Bürgermeister auf jegliche Bezahlung verzichtete. Seine Sorge galt ausschließlich den Bürgern. Er sorgte unter anderem dafür, dass 1946 und 1947 zahlreiche gewerbliche Betätigungen wieder aufgenommen werden konnten. Er sorgte mehrmals durch gezielte Aktionen dafür, dass die Bevölkerung mit Lebensmitteln und Feuerholz versorgt wurde, damit sie die Hungerjahre 1946 und 1947 überstehen konnte. Mehrmals als Bürgermeister wiedergewählt, wurde er auch Mitglied des Stormarner Kreistages und des schleswig-holsteinischen Landtages. Wegen höherer gewerkschaftlicher Verpflichtungen zog er 1949 von Oststeinbek weg nach Stuttgart, wo er unter anderem zweiter Mann in der Gewerkschaft ÖTV wurde und für die Tarifpolitik zuständig war. Ihm war unter anderem die Einführung der 40-Stunden- Arbeitswoche zu verdanken.
Mangels vorhandener Unterlagen muss vermutet werden, dass Karl Oesterle von den Oststeinbeker Gemeindevertretern bei seinem Wegzug 1949 mit der Benennung einer Straße auf Meienhoop mit seinem Namen geehrt werden sollte, er dies aber ablehnte. Er dürfte seinen Mentor Albert Ihle als Namensgeber. vorgeschlagen
haben.
Anne-Jennfeldt-Straße
Anne Jennfeldt war die Tochter des Mühlenbesitzers Siemers. Sie lebte von 1872 bis 1954 und bewirtschaftete einen Bauernhof, in dessen Mittelpunkt das im Jahre 1643 abgebrannte und wieder errichtete Gebäude stand, das als das größte ›niedersächsische‹ Bauernhaus in Schleswig-Holstein galt. Das Verdienst Anne Jennfeldts war gewesen, dass sie als Erste der Oststeinbeker Großbauern bereit gewesen war, Anfang der 1950er-Jahre im Bereich der heute nach ihr benannten Straße Flüchtlingen Ackerland für 1 DM pro qm zur Bebauung zur Verfügung zu stellen. Diese Bereitschaft ehrte die Gemeinde mit der Namensgebung.
Am Eich
Der Name hat nichts mit ›Eichen‹ oder dergleichen zu tun, sondern ist auf die Flurbezeichnung ›Am Eck‹ zurückzuführen. Bis zum Jahre 1936 erstreckte sich das Gemeindegebiet Oststeinbeks bis in Höhe der katholischen Kirche in Glinde, also nach Osten noch hinter den Glinder Berg. So wird es verständlich, dass die kleine Flur ganz am südwestlichen Ende des Gemeindegebiets den Namen ›Am Eck‹ trug. Wann die Umbenennung geschah, bleibt im Dunkeln.
Willnbrook
Der Name einer Koppel ›Willn Brook‹ war im Jahre 1780 in historischen Unterlagen als ›Gemeine Weide‹ aufgeführt.
›Willn‹ ist niederdeutsch und hat die Bedeutung von ›Weide‹. Längs des Verlaufs des Willinghusener Weges vom Ende der Kampstraße an breitete sich eine Brookniederung aus. Eine dort etwas höher gelegene Fläche eignete sich als ›magere‹ Weidefläche, die die Verkoppelungsakte als ›Gemeine Weide‹ (auch Gemeindeweide) auswies.
Wilhorn
Der Name geht auf eine ältere Flurbezeichnung am westlichen Dorfausgang von Oststeinbek südlich der Möllner Landstraße zurück. Die Flur gehörte zuletzt zum ehemaligen Gehöft des Gemüsebauern Vernet. ›Wil-‹ könnte die gleiche Bedeutung wie vorstehend ›Willn‹ haben, sicher ist dies aber nicht. ›Horn‹ hat die Bedeutung von ›Ecke‹ oder ›abgelegenem Winkel‹. ›Wilhorn‹ könnte also die Bezeichnung für eine Gemeine Weide im südwestlichen Winkel der Oststeinbeker Gemarkung gewesen sein, nämlich dicht an der Grenze zu Kirchsteinbek belegen. Bei dieser Deutung hilft die Vorstellung, dass das Gemeindegebiet Oststeinbeks ursprünglich auch den Glinder Berg umfasste, also
weit nach Osten reichte.
Stettiner Straße, Ostlandstraße, Königsberger Platz, Breslauer Straße, Danziger Straße, Kolberger Straße, Thorner Weg
Obwohl diese Straßennamen keinen historischen Bezug zu Oststeinbek haben, ist es berechtigt, sie in diese Kategorie einzubeziehen, weil sie die vielen Flüchtlinge, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Heimat im Osten Deutschlands verloren hatten, an ihre Heimat erinnern sollten. Oststeinbek ist zur Heimat vieler Flüchtlinge geworden.
Es existieren noch eine Anzahl von nicht deutbaren Straßennamen, die historischen Bezug haben könnten. Auf diese Namen soll nicht weiter eingegangen werden, weil sie für das weitere Thema irrelevant sind.
Ende der 1969er-Jahre entwickelte sich nämlich eine andere Art der Straßenbenennung. Großgrundbesitzer und Investoren, zumeist von außerhalb Oststeinbeks, traten auf den Plan, um ganze Siedlungsbereiche zu errichten, zumeist als Reihenhaussiedlung oder als eine Folge mehrstöckiger Wohnblöcke. Die Investoren hatten Interesse an Straßenbezeichnungen, die ihrem Bauvorhaben und dem Absatz der Häuser bzw. Eigentumswohnungen förderlich waren. Wahrscheinlich auf ihr Drängen hin wurden phantasievolle Namen vergeben, die mit der Geschichte des Dorfes nichts mehr zu tun hatten.
Ziemlich am Anfang dieser Entwicklung geschah die Umwandlung des Straßennamens Dorfstraße in ›Uferstraße‹. Dieser harmlose Schritt entpuppte sich jedoch als einschneidender Eingriff in die Dorfgeschichte.
Uferstraße
Im Zuge einer ›üppigen‹ Bebaung ihrer Nordseite erhielt die ursprüngliche Dorfstraße den Namen Uferstraße, obwohl dieser Straßenzug keinen direkten Bezug zu der in größerem Abstand parallel verlaufenden Glinder Au hat. Der Name Dorfstraße war für die Geschichte Oststeinbeks identitätsbildend, ihr Profil, ihr gekrümmter und leicht welliger Streckenverlauf bestand seit der ersten Besiedlung ziemlich unverändert bis heute fort. Es war der einzige Straßenverlauf zum Ort und durch den Ort hindurch. Vom Westen her erreichte man ›osterstenbeke‹ (1318 urkundlich
genannt) über den westlichen Eichredder und die Bergstraße. Am Ende der Dorfstraße hörte die Bebauung des Dorfes am Forellenbach auf. Nach dessen Überquerung – heute Brückenstraße – verließ man das Dorf nach Osten über das Lägerfeld (siehe oben), das schon außerhalb des Ortes lag. Erst in den 1790er-Jahren wurde vom dänischen König die Möllner Landstraße als Heerund Frachtstraße bis Hamburg angelegt.
Die mittelalterliche Dorfstraße hatte mehrere Funktionen. Sie war eine ›Nebenfrachtstrecke‹ für den Handelsverkehr Hamburgs ostwärts über Glinde und Trittau nach Lübeck, falls die nördlicher liegenden Frachtstraßen über Wandsbek und Rahlstedt – aus welchen Gründen auch immer – nicht passiert wurden oder werden konnten.
Die Dorfstraße war zugleich Kirchenstieg zur Kirche nach ›kercstenbeke‹ (1304), den außer den Oststeinbekern auch die Glinder Einwohner und die Bewohner des Gutes Domhorst über Meienhoop und Lägerfeld nutzten. Auch die Barsbütteler fanden über den Barsbütteler Weg Anschluss, ebenso die Willinghusener Einwohner, deren Zugang ein quer über die Feldmark verlaufender Trampelpfad ermöglichte. Der Kirchenstieg verließ bei der Flur ›Am Eck‹ (heute ›Am Eich‹) die Dorfstraße und führte längs der Glinder Au nach ›kercstenbeke‹. Selbst ein Teil der Havighorster Bevölkerung nutzte einen Weg über die Gemarkung bis zur Glinder Au in Oststeinbek, die sie beim ›Bollenbek‹ überquerte, um auf den Kirchenstieg zu gelangen.
Auch nach der Umbenennung in Uferstraße spiegelt die ehemalige Dorfstraße die mittelalterliche Struktur des Dorfes wider.
Parkweg
Der Name ist im Zuge der ab dem Jahre 1975 einsetzenden Bebauung des ehemaligen ›Pappelstadions‹ entstanden. Der Name sollte wohl ›verkausfsfördernd‹ wirken, denn er hatte keinen Bezug zu örtlichen Gegebenheiten.
Im Zusammenhang mit der baulichen Erschließung eines Teils der Großflur ›Der Breeden‹ durch jüdische Kaufleute erfolgte etwa um die Jahre 1932/33 die Schenkung eines Geländes ›Auf dem Breeden‹ in der wahrscheinlichen Größenordnung von ca. 13.000 qm an die Gemeinde zur Anlage eines Sportplatzes für die Ausübung des Schulsports. Nach der notwendigen Herrichtung durch freiwillige Mitarbeit von Einwohnern fand auf dem Gelände in den 1930er-Jahren Schulsport statt. Während des Zweiten Weltkrieges zeitweise für andere Zwecke entfremdet, nahm der in der ersten Jahreshälfte 1948 gegründete Oststeinbeker Sportverein (OSV), an den das nunmehr ›Pappelstadion‹ genannte Sportgelände verpachtet war, den Spiel- und Sportbetrieb auf. Nachdem für den OSV infolge Gründung neuer Sparten und eines enormen Mitgliederzuwachses das Pappelstadion zu klein geworden war, bezog der OSV im April 1976 ein neues Sportzentrum am Barsbütteler Weg. Das frei gewordene Pappelstadion wurde mit dem angrenzenden Gelände in der Folgezeit zum Baugebiet für Reihen- und Einzelhäuser. Die das Baugebiet erschließende Stichstraße – vom Barsbütteler Weg westwärts abzweigend – erhielt den verkaufsfördernden Namen ›Parkweg‹. Weder ist ein Park entstanden noch gab es in der Vergangenheit hier irgendeine parkähnliche Anlage, die durch die Stichstraße Parkweg hätte verkehrlich erschlossen werden müssen.
Hamburger Kamp, Hansetor
Ende der 1960er-Jahre erwarb ein Hamburger Kaufmann mehrere Äcker und Brachflächen westlich und nördlich des Postweges. Anfang der 1970er begann der Investor mit der Errichtung mehrstöckiger Wohnblocks mit jeweils mehreren Eingängen. Die Bebauung zog sich jahrelang hin. Die Erschließungsstraßen erhielten die großstädtisch
anmutenden Namen ›Hamburger Kamp‹ und ›Hansetor‹. Mit Oststeinbek haben diese Bezeichnungen nichts zu tun.
Willipark
Im Zeitraum von 2022 bis 2025 plant ein Investor ein Gelände zu bebauen, das folgende Begrenzungen hat: Südlich des Willinghusener Weges, westlich des Barsbütteler Weges, nördlich des Breedenwegs und östlich des Hamburger Kamps. Ziel ist die Kombination aus Bürokomplex und Wohnquartier. Das bebaute und noch zu bebauende Areal trägt schon jetzt den Namen ›Willipark‹. Beworben wird das Vorhaben mit dem Slogan: ›Alle Vorteile von Hamburg ohne in Hamburg zu wohnen‹. Der Name Willi geht auf den bisherigen Grundeigentümer zurück, den Landwirt
Johannes Karl Wilhelm Wulf, genannt Willi.
Caddington Road und Neustadt-Glewe-Weg
Im September 2023 informierte die Gemeinde die Öffentlichkeit, dass zwei Straßenzüge im Willipark mit den Namen der beiden mit Oststeinbek verschwisterten Städte belegt wurden. Eine Beteiligung der Einwohner durch einen Ideenwettbewerb soll zu diesem Ergebnis geführt haben. Es könnte sein, dass die Gemeinde mit diesen Namensvergaben die Verschwisterungen administrativ verstetigen wollte, denn in der Realität sind die Verschwisterungen praktisch eingeschlafen, es finden lediglich in größeren Zeitabständen auf höchster Ebene Begegnungen statt. Beide Verschwisterungen haben mit der eigentlichen Geschichte Oststeinbeks nichts zu tun. Und hätte es anstatt Caddington Road einfach nur Caddington Straße heißen können?
Oststeinbek hat seine interessante Historie hinter sich gelassen und ist endgültig in
der Zukunft angekommen!
Anmerkungen:
Der Inhalt des Aufsatzes stützt sich weitgehend auf im Gemeindearchiv vorhandenen historischen Unterlagen.
Das fünfbändige Werk ›Otto Mensing Schleswig-Holsteinisches Wörterbuch‹ ist als unveränderter Neudruck der Ausgabe 1927-1935 erschienen, verlegt beim Karl Wachholtz Verlag, Neumünste, 1973. Es steht im Gemeindearchiv zur Verfügung.
Dies gilt auch für die zitierte Schrift ›Grünitz – eine Familie schreibt Ortsgeschichte‹, die im März 2007 in der Schriftenreihe des Havighorster-Oststeinbeker-Geschichtskreises heraus gegeben worden war.
Abbildungsnachweis:
Alle Fotos: Claudia Klein, März 2024
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