StormUnity

Das Kultur-Onlinemagazin von und für Stormarnerinnen und Stormarner.

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Foto: Prof. Thomas Franke (c) Stabsbereich Kultur Kreis Stormarn

Nachhaltige Technik? Wie die Psyche mitwirkt?

Was sind wir bereit zu bezahlen, um nachhaltig und klimafreundlich zu leben? Darüber sprach Prof. Thomas Franke, Professor für Ingenieurpsychologie und Kognitive Ergonomie an der Universität Lübeck. Er gewährte auf dem Kreativ- und Nachhaltigkeits-Event vom Kreis Stormarn faszinierende Einblicke in das Gebiet der Ingenieurs-Psychologie in Bezug auf das Thema “Mobilität und Nachhaltigkeit”.

sii-talents e.V.

Der Stabsbereich Kultur vom Kreis Stormarn hatte zusammen mit dem Klimaschutz-Team, dem Tourismus-Management und der WAS zum Austausch und Netzwerken eingeladen, siehe Ankündigung

Gemeinsam traten die Akteure als Veranstalter des Formats “kreativ & nachhaltig Stormarn” auf und setzten gezielt auf kreativen Austausch, Schwarmintelligenz und Best Practice. Thematisch wurden die Schwerpunkte Mobilität und Kreislaufwirtschaft fokussiert – Bereiche, die alle Partnerinnen facettenreich beschäftigten. Veranstaltungsort war der Kreistagssitzungssaal (KT-Saal), in der Mommsenstraße 13, Bad Oldesloe.

Als Aussteller war u.a. der sii-talents e.V. mit seinem Gemeinschaftsbuch “Nachhaltige Bildung. Nachhaltige Schule” dabei.

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Bedürfnispyradmie nach Maslow; Grafik: S. Braun-Speck

Technik und Psyche? Mobilität? Prof. Franke verband, was erst auf den 2. Blick zusammengehört

Mit Bus, Bahn oder Fahrrad zu fahren, ist umweltfreundlicher als mit dem eigenen Auto und gehört zur Mobilitätswende. Diese soll den Klimawandel abbremsen. Um umweltfreundlicher unterwegs zu sein, verzichten Menschen auf Zeitersparnis, Komfort und müssen sich in überfüllte und oft verspätete öffentliche Personen-Nah-Verkehrsmittel (ÖPNV) quetschen. Diese Negativ-Faktoren beeinflussen ihre Entscheidungen.

Franke präsentierte die Erkenntnis, dass der Schmerz des Verzichts oder der Veränderung oft doppelt so groß ist, wie der daraus resultierende Gewinn. Dies verdeutlichte er an Beispielen aus dem Alltag, wo wir oft zögern, Gewohnheiten zu ändern, auch wenn es im größeren Zusammenhang sinnvoll wäre. So einfach ist Nachhaltigkeit also nicht! Es geht um Bequemlichkeit, Kosten, Anstrengung, Nachteile und mehr. “Für mich steht es außer Frage, mit dem Zug oder Bus zur Arbeit zu fahren. Darauf ist doch kein Verlass. Die fahren unregelmäßig, zu spät oder wegen Streiks gar nicht … Ich muss schließlich (pünktlich) zur Arbeit kommen!” – Azubine aus SH

Ein Kernpunkt der Präsentation war die Frage nach der Nutzbarkeit von Technologie.

Wie können wir sicherstellen, dass technologische Innovationen nicht nur effizient sind, sondern auch das Glück und Wohlbefinden der Nutzer fördern? Franke bezog sich auf die Bedürfnispyramide und betonte die Wichtigkeit, Technologie menschenzentriert zu gestalten.

Er erläuterte die Vielfalt der Nutzer (Schüler:innen, Berufstätige, Senioren und viele mehr) und die Notwendigkeit, die Bedürfnisse verschiedener Bevölkerungsgruppen zu berücksichtigen.

Bedürfnisse menschenzentriert gestalten?

Die “menschenzentrierte Gestaltung von Bedürfnissen” bedeutet, Produkte, Dienstleistungen oder Umgebungen so zu entwickeln, dass sie die spezifischen Anforderungen, Wünsche und Fähigkeiten der jeweiligen Benutzer (der Zielgruppe) berücksichtigen. Im Marketing hieß das ursprünglich “Zielgruppen-Orientierung”.

Generell stellt dieser Ansatz sicher, dass das, was angeboten wird, tatsächlich den Bedürfnissen und Erwartungen der Menschen entspricht und für positive Erfahrungen sorgt. Ist das nicht so, werden Produkte nicht gekauft, oder Dienstleistungen nicht genutzt. Das ist schlecht fürs Geschäft! Hier: Schlecht für die Verkehrswende.

Beispiele für menschenzentrierte ÖPNV-Angebote, je nach Zielgruppe:

  • Schüler:innen: Ermäßigte Tarife oder spezielle Fahrscheine für Schüler, um den öffentlichen Nahverkehr für sie erschwinglicher zu machen.
  • Berufstätige: Schnelle und effiziente Verbindungen zwischen Wohn- und Geschäftsvierteln sowie zu wichtigen Verkehrsknotenpunkten wie Bahnhöfen oder Flughäfen.
  • Senioren: Barrierefreie Zugänge zu Bahnhöfen und Haltestellen, einschließlich Rampen, Aufzügen und ausreichend breiten Türen.

Maßnahmen, um den Verzicht aufs Auto weniger schmerzhaft zu machen:

Um die Attraktivität nachhaltiger Verkehrsmittel wie Bus, Bahn und Fahrrad im Vergleich zum eigenen Auto zu erhöhen, könnten u.a. folgende Maßnahmen ergriffen werden:

1. Verbesserung der Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit: Investitionen in die Infrastruktur und das Betriebsmanagement des öffentlichen Verkehrs können dazu beitragen, die Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit zu verbessern. Dies kann durch den Ausbau von Busspuren, die Modernisierung von Gleisanlagen und Signaltechnik sowie die Einführung von Echtzeit-Fahrgastinformationssystemen erreicht werden. Das Problem: das ist teuer! Und leider geht die Finanzierung nicht so schnell voran wie benötigt.

2. Erhöhung des Komforts und der Bequemlichkeit: Maßnahmen zur Steigerung des Komforts und der Bequemlichkeit in öffentlichen Verkehrsmitteln können dazu beitragen, das Umsteigen attraktiver zu machen. Dies kann die Einführung von mehr klimatisierten Fahrzeugen, WLAN-Zugang, ausreichenden Sitzplätzen, Fahrradstellplätzen und barrierefreien Zugängen umfassen.

Einiges davon ist zwar in den meisten Zügen vorhanden, aber schon bei den Sitzplätzen wird es kritisch. “Da fühl ich mich manchmal wie in einer Sardinenbüchse”– Schülerin aus SH

3. Förderung der Multimodalität: Die Integration verschiedener Verkehrsmittel und die Verbesserung der multimodalen Mobilität können dazu beitragen, die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit des ÖPNV zu erhöhen.

Dies kann durch die Entwicklung integrierter Fahrscheinsysteme, die Bereitstellung von Umsteigemöglichkeiten an Verkehrsknotenpunkten und die Schaffung sicherer Abstellmöglichkeiten für Fahrräder in öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden. Auch der Umstieg von Fahrrad auf Bus/Bahn und dann danach z.B. auf ein Carsharing-Auto sollte erleichtert werden! Dabei muss auch für Sicherheit gesorgt werden, denn: Oft sind Fahrräder an Bahnhöfen schnell geklaut.

4. Anreize und Belohnungen: Die Einführung von Anreizen und Belohnungen kann die Motivation der Menschen erhöhen, nachhaltige Verkehrsmittel zu nutzen. Dies können finanzielle Anreize wie subventionierte Tickets, steuerliche Vergünstigungen für Pendler oder Bonusprogramme für umweltfreundliches Verhalten sein. Ein gutes Beispiel dafür sind das 9€- sowie das 49€-Ticket.

5. Bildung und Bewusstseinsbildung: Eine umfassende Bildung und Bewusstseinsbildung über die Vorteile nachhaltiger Verkehrsmittel kann dazu beitragen, das Verständnis und die Akzeptanz für alternative Mobilitätsformen zu fördern. Dies kann durch Kampagnen zur Verkehrserziehung in Schulen, Informationsveranstaltungen für die Öffentlichkeit und die Bereitstellung von Ressourcen zur Förderung eines umweltbewussten Verhaltens erreicht werden. Viele Schüler kommen zwar mit dem Fahrrad zur Schule, aber wenn sie den Führerschein haben, wird das Auto sogar für kurze Strecken genommen.

Du denkst “Das gibt es doch alles schon?”- das stimmt nicht ganz. Der ÖPNV in Deutschland hat noch deutlich “Luft nach oben” …

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