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Das Stormunity-Magazin sprach mit Experten darüber, wie Eltern mit ihren Kindern altersgerecht über den aktuellen Konflikt in der Ukraine sprechen können
„Papa, was bedeutet Krieg?“ oder „Mama, wer ist Putin?“ – Fragen wie diese bekommen Stormarner Eltern seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine sicherlich häufiger von ihren Kindern gestellt. Schließlich ist dieses Thema in diesen Tagen so allgegenwärtig, dass Kinder fast zwangsläufig damit konfrontiert werden, in diversen Medien, bei Gesprächen der Erwachsenen untereinander, aber vielleicht auch, wenn Kinder miteinander über ihre Eindrücke reden.
„Eltern sollten sich der Realität nicht verschließen und das heikle Thema Krieg ansprechen und besprechen“, sagt die Stormarner Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Susanna Uhlmann, auf Anfrage des Stormunity-Magazins. „Kinder wissen in der Regel aus eigenen Erfahrungen, was Streit ist und was es bedeutet, wenn zwei sich wegen etwas streiten. Insofern können Eltern sagen, dass Krieg eine besonders schlimme Form des Streits ist, bei der Menschen sich töten. Und er gehört leider zur Welt dazu.“ Allerdings sollten Eltern dann immer betonen, dass es eben auch friedliche Lösungen ohne Gewalt und Tod gibt, um einen Streit zu beenden.
Für Susanna Uhlmann gibt es dabei kein immer anwendbares „Kochrezept“ für den Umgang mit dem Thema Krieg. „Jede Familie ist individuell und anders, es kommt immer darauf an, wie strukturiert Kinder und ihre Eltern sind, wie behütet die Kinder aufwachsen sollen.“ Eltern sollten daher auf ihr Bauchgefühl hören bei der Frage, ob sie den aktuellen Krieg aktiv ansprechen oder lieber abwarten, bis die Kinder mit Fragen auf sie zukommen.
Die Ärztin rät in jedem Fall dazu, das Schauen von Fernsehnachrichten zu begleiten und die aktuellen Meldungen aus der Ukraine wie überhaupt das Thema Krieg auf die Welt der Kinder herunter zu brechen. „Zum Verständnis helfen Vergleiche mit Märchen, Büchern und Filmen, die die Kinder kennen, und deren Figuren, den guten und den bösen“, sagt Susanna Uhlmann.
Wenn Eltern mit ihren Kindern reden, sei es zudem wichtig, dass auch die Eltern eingestehen können und dürfen, dass ihnen die aktuelle Lage Angst mache und Sorgen bereite. „Eltern sind keine Superhelden“, so Uhlmann, „wichtig ist, dass das Thema Krieg und die damit verbundenen Ängste nicht das ganze Familienleben beherrschen und lähmen. Eltern sollten ihren Kindern immer vermitteln: Es gibt noch unser Leben, es gibt eine Zukunft.“ Dementsprechend sollten Eltern die übliche Normalität in der Familie schaffen, etwa durch gemeinsame Ausflüge und Unternehmungen.
Auch der psychologische Psychotherapeut Christoph Haberer rät Eltern, wie sonst auch sich Zeit für die Kinder zu nehmen, ein offenes Ohr zu haben und sensibel dafür zu sein, ob und welche Probleme, Sorgen und Ängste sie haben. „So können Eltern erfahren, ob der aktuelle Krieg sie bedrückt und ängstigt“, sagt Haberer, der für die Evangelische Beratungsstelle Stormarn in Ahrensburg als Familien- und Paartherapeut tätig ist. „Eine gute Gelegenheit, mit Kindern über ihre Sorgen zu reden und sie darauf anzusprechen, ist etwa das tägliche Einschlaf-Ritual abends beim ins Bett bringen.“
Wie bei allen Sorgen und Ängsten seien es oft äußere Anzeichen, durch die Eltern darauf aufmerksam werden können, dass etwas ihren Nachwuchs gerade besonders beschäftigt. „Was spielt mein Kind? Was malt es? Ist es stiller als sonst? Hat es weniger Appetit? Darauf können Eltern achten“, sagt Christoph Haberer.
Der Psychotherapeut rät dazu, dass Kinder bis zum Grundschulalter gar keine Nachrichtensendungen im Fernsehen schauen und mit den Eltern ansehen. „In der Grundschulzeit bieten sich dann die Kindernachrichten an, die einige Fernsehsender im Angebot haben“, sagt Haberer. Erst auf der weiterführenden Schule sollte die Tagesschau geschaut werden. „Vorher überfordert deren Inhalt die Kinder.“
Eltern sollten ihren Kindern den aktuellen Krieg kindgerecht und einfach erklären, und dabei nicht zu politisch werden sowie immer beachten, die Kinder nicht unnötig zu ängstigen. „Eltern können in etwa sagen: Da ist ein Präsident Putin, der will ein anderes Land haben und führt daher Krieg. Aber dieses Land, die Ukraine, das ist weit weg. Und dieser Krieg kommt nicht zu uns“, sagt Christoph Haberer.
Wichtig sei, so Haberer, Kindern bei Gesprächen über den Ukraine-Konflikt klar zu machen, dass nicht alle Russen böse und auch viele Russen gegen den Krieg sind. „Eltern sollten gegenüber ihren Kindern klar unterscheiden zwischen einem bösen Präsidenten Putin, der den Krieg will und den Menschen in Russland“, sagt Christoph Haberer. Ansonsten bestehe bei Kindern die Gefahr, dass bei ihnen falsche Feindbilder und Vorurteile entstehen.
Elvira Nickmann hat für StormUnity Tipps zur angstfreien und altersgerechten Vermittlung des Krieges in der Ukraine zusammengestellt. Hier geht es zum Artikel.
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