Das Community Onlinemagazin zu kulturellen und gesellschaftlichen Themen – von Stormarnerinnen und Stormarner für Stormarnerinnen und Stormarner
Auch in Stormarn wird Sankt Martin gefeiert. Das Stormunity-Magazin erklärt, warum und was es mit diesem Brauchtum auf sich hat
„Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir. Da oben leuchten die Sterne, hier unten, da leuchten wir.“ Dieses Lied ertönt es in diesen Tagen und nächste Woche hier und da auf Stormarns Straßen, gesungen von Kindern und ihren Eltern. Dazu kommen vielleicht Liedzeilen wie „Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind, sein Ross, das trug ihn fort geschwind.“ Es ist die Zeit des Laternelaufens und der Martinszüge, organisiert von Kitas, Schulen und Kirchengemeinden im Kreis. Mit selbst gebastelten Laternen ziehen die Kinder umher, singen und versammeln sich am Ende oft um ein Lagerfeuer.
Doch warum gibt es überhaupt diese Umzüge und Gesänge? Woher kommt dieses Brauchtum ausgerechnet Anfang November? Der Ursprung liegt im christlichen Glauben und in seiner Verehrung des Heiligen Martin, auch Sankt Martin gekannt. Sein Gedenktag ist der 11. November. Und dieser Martinstag ist in Mitteleuropa von zahlreichen Bräuchen geprägt. Darunter vor allem der Martinszug und das Martinssingen. Diese Verehrung und Bräuche rund um Gedenktag sind in seinem Leben und Wirken begründet.
Der Heilige Martin hieß eigentlich Martinus und lebte von 316 bis 397 im damaligen Römischen Reich. Als Sohn eines römischen Offiziers wurde er im heutigen Ungarn geboren und wuchs in Oberitalien auf. Wie sein Vater wurde auch er Soldat und Offizier im römischen Heer und diente in Gallien, dem heutigen Frankreich, und im Rheinland. Martin nahm den christlichen Glauben an und wurde als Erwachsener getauft. Als Soldat soll er die Teilnahme an einer Schlacht gegen die Germanen wegen seines Glaubens verweigert und um seine Entlassung aus der Armee gebeten haben. Letztere wurde ihm jedoch verweigert.
Erst 356 konnte er den Militärdienst nach dem Ende seiner regulären Dienstzeit beenden. Martin wurde Mönch und wirkte in Gallien, wo er Kirchen und Klöster gründete. In der Bevölkerung bekam er den Ruf eines Wunderheilers und Nothelfers, dem auch Totenerweckungen zugeschrieben wurden. 371 wurde er zum Bischof von Tours geweiht. Am 8. November 397 starb Martin im Alter von 81 Jahren und wurde am 11. November in Tours unter großer Anteilnahme der Bevölkerung beigesetzt. Noch heute befindet sich dort sein Grab.
Bekannt ist der Heilige Martin vor allem durch zwei Legenden, die noch heutzutage erzählt werden. Da ist einmal die vom Teilen des Mantels mit einem Bettler. Demnach war Martin als Soldat der Reiterei in der französischen Stadt Amiens stationiert. An einem kalten Wintertag soll ihm dort vor dem Stadttor ein armer, fast unbekleideter Mann begegnet sein. Es heißt, dass Martin daraufhin seinen Militärmantel mit dem Schwert geteilt und eine Hälfte dem Armen gegeben habe. In der folgenden Nacht sei Martin im Traum Jesus Christus, bekleidet mit dem halben Mantel des Bettlers, erschienen. Er soll zu Martin ihm gesagt haben: „Was du für diesen Bettler getan hast, das hast du für mich getan.“ Gerade an diese Legende wird rund um den Martinstag am 11. November erinnert.
Die zweite bekannte Heiligenerzählung, die sich auf Martin bezieht, ist jene mit den Gänsen. Martin sollte im Jahr 371 von den Einwohnern von Tours zum Bischof ernannt werden. Da er sich für unwürdig hielt, das Amt zu übernehmen, versteckte er sich vor den Einwohnern in einem Gänsestall. Die aufgeregt schnatternden Gänse verrieten ihn aber in seinem Versteck und er musste die Bischofswürde annehmen. Diese Legende ist eine der Erklärungen, wie die Tradition der Martinsgans, die in einigen Regionen zum Martinstag verspeist wird, entstanden sein könnte.
Die Verehrung und Beliebtheit von Martin, die er schon zu Lebzeiten erfuhr, dauerten über seinen Tod hinaus an. Er wurde bald heiliggesprochen und seit dem Jahr 480 ist der Tag seiner Beisetzung, der 11. November, sein Gedenk- und Namenstag. Er war und ist einer der beliebtesten Heiligen der katholischen Kirche.
So ist Martin der Namensgeber zahlreicher Städte und Orte in Frankreich, dem deutschsprachigen Raum und Ungarn. Er ist der Schutzpatron Frankreichs, der Slowakei und der Stadt Mainz. In der katholischen Kirche gilt er als Schutzheiliger der Armen, der Bettler, der Reisenden und der Reiter.
Heutzutage wird der Martinstag im deutschsprachigen Raum vor allem dadurch gefeiert, dass Kinder in organisierten Umzügen am 11. November oder den Tagen davor mit leuchtenden Laternen umherziehen und besondere Martinslieder singen. In katholischen Regionen wie dem Rheinland und dem Münsterland sind diese Martinszüge oft größere Umzüge mit musikalischer Begleitung durch einen Spielmannszug und einem Darsteller des Sankt Martin als römischem Offizier mit rotem Mantel. Die Züge enden meistens an einem größeren Holzfeuer.
Dann gibt es für die Kinder noch „Weckmänner“ (Rheinland) oder „Kiepenkerle“ (Münsterland), eine Teigfigur mit Rosinen und einer weißen Tonpfeife. Doch damit nicht genug: Im Anschluss an den Martinszug gibt es vielerorts das Martinssingen: Die Kinder klingeln mit Laternen und Lampions an den Haustüren und bitten mit Gesang um Süßigkeiten. Diese Tradition wird im Rheinland „Schnörzen“ genannt.
Alle diese Arten des Brauchtums und ihre Bezüge zum Heiligen Martin haben sich vor allem im 19. Jahrhundert entwickelt, insbesondere die organisierten Umzüge für Kinder. Sie hatten ihren Ursprung in zwei Anlässen und verbanden sich mit ihnen. Zum einen lag früher vom Mittelalter bis in die Neuzeit die religiöse Fastenzeit vor Weihnachten und begann nach dem Martinstag. An ihm konnten die Menschen also nach einmal festlich und üppig essen.
Zum anderen war der Martinstag früher das Ende des bäuerlichen Wirtschaftsjahres. An diesem Tag begannen und endeten Dienstverhältnisse. Steuern, Abgaben, Pachten und Zinsen wurden fällig und oft in Naturalien bezahlt.
Diese Anlässe führten dazu, dass auch früher schon am Martinstag und an seinem Vorabend Feste mit Gesang und Tanz gefeiert wurden und sich die Menschen an Martinsfeuern versammelten. Daraus entwickelte sich das heutige Brauchtum.
Das traditionelle Brauchtum mit Martinszügen, Martinssingen und Martinsfeuer ist in Deutschland vor allem in mehrheitlich katholischen Gegenden in West- und Süddeutschland verbreitet. Allerdings gibt es in einigen evangelischen Gegenden wie etwa in Ostfriesland das Martinisingen am Abend des 10. November. Die evangelische Christen haben den folgenden 11. November umgewidmet und gedenken an ihm Martin Luther, der an diesem Tag nicht nur seinen Namenstag hat, sondern auch getauft wurde.
Aus dem religiös begründeten Brauchtum hat sich zudem nahezu bundesweit der Trend entwickelt, dass Kitas am 11. November oder einige Tage vorher eigene Umzüge an ihren Orten mit Laternen und Lampions veranstalten, darunter auch Kitas von staatlichen und nicht kirchlichen Trägern. Deshalb und aus Rücksicht auf nicht christliche und nicht religiöse Kinder heißen diese Umzüge mittlerweile meistens nicht mehr „Martinszug“, sondern „Laternenfest“ oder „Laternelaufen“.
Unabhängig davon ist dem traditionellen Sankt Martin und seinen Festlichkeiten in den vergangenen Jahren „heidnische“ Konkurrenz entstanden: Das Fest Halloween am Abend des 31. Oktober hat sich vom angelsächsischen Kulturkreis ausgehend auch in Deutschland etabliert, gefördert nicht zuletzt durch die kommerziellen Interessen des Einzelhandels, und drängt den Martinstag vielerorts in den Hintergrund. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen ist „Halloween“ inzwischen sehr beliebt. Kein Wunder, bietet es doch Gelegenheit, sich mit Gruselkostümen zu verkleiden und mit dem Spruch „Süßes oder Saures“ an Haustüren Süßigkeiten zu fordern. Dies dürfte gerade in Regionen ohne größeres Martinsbrauchtum eine attraktive Alternative sein.
Es bleibt zu hoffen, dass der Martinstag am 11. November nicht aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwindet und auch künftig Lieder erklingen wie „Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir. Da oben leuchten die Sterne, hier unten da leuchten wir.“
In Ahrensburg laden die Katholische Pfarrei St. Ansverus und die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde für Donnerstag, 11. November, zu einem Laternenumzug ein. Beginn ist um 17 Uhr vor der evangelischen St.-Johannes-Kirche (Rudolf-Kinau-Straße 19) mit einer ökumenischen Feier. Dann geht der Umzug von dort zur katholischen Kirche St. Marien (Adolfstraße 1). Dort ist der Abschluss mit einem Martinsfeuer.
Das Community Magazin lebt von eurer Beteiligung. Wir freuen uns über jedes Feedback. Teilt unsere Inhalte mit euren Freunden!