Pierre Schumann: Ahrensburg
Zunächst mag man an abstrakte Kunst denken bei dieser Bronzeplastik vor dem Ahrensburger Rathaus. Schwungvoll wird hier mit teils gerundeten, teils scharfkantigen Elementen der Eindruck dynamischer Bewegung erzeugt. Und um bewegte Objekte handelt es sich im mehrfachen Wortsinn, denn dargestellt sind zwei kämpfende Vögel – vielleicht geht es um das Revier, um ein Weibchen oder um leckeres Futter.
Es gehört schon ein genaues Naturstudium dazu, um diesen schwer zu beobachtenden Moment künstlerisch festzuhalten – eine Spezialität des schleswig-holsteinischen Bildhauers Pierre Schumann, der 2007 darüber nachsann: „Ich kann gar nicht sagen, wie ich auf diese Form gekommen bin“. Doch so fern liegt die Antwort für den an der Westküste aufgewachsenen Künstler nicht: „Ich bin mit meinen Eltern sehr oft nach Büsum gefahren, da hat es Möwen in rauen Mengen gegeben“, erinnerte er sich.
Neben weiblichen Figuren zählt die Darstellung von Vögeln zu seinen Hauptmotiven. Oft ist es das Motiv dreier neben- oder übereinander fliegender Möwen, ausgeführt vor allem in Marmor, gelegentlich in Bronze. Dabei reduziert er die Formen seiner Objekte auf wesentliche Strukturen, die an den Stil des Kubismus denken lassen. Doch festlegen lässt Schumann sich darauf nicht: „Ich musste mit großen Maschinen arbeiten. Das hat sicher auch zu strengeren Formen im Sinne des Kubismus geführt“.
Beigetragen haben aber sicher auch seine künstlerischen Lehrherren Edwin Scharff und Otto Baum, schließlich seine Bekanntschaften mit Picasso, Miro oder Moore. Für Moore schwärmte Schumann bis an sein Lebensende besonders. Die Figur der „Kämpfenden Vögel“ ist mindestens siebenmal in Bronze gegossen worden, eine kleine Ausführung von 30 Zentimetern Höhe existiert gar in sechzigfacher Auflage. Der mit Sockel fast drei Meter hohe Vogelkampf findet sich neben Ahrensburg auch in Kiel, Schleswig, Worpswede, Oldenburg, Celle, und im Künstlernachlass.
1917 in Heide geboren, studierte nach seiner Soldatenzeit im Zweiten Weltkrieg zunächst an der Hamburger Hochschule für Bildende Künste bei Edwin Scharff, danach an der Kunstakademie Stuttgart bei Otto Baum. Er lebte lange in Itzehoe und Hamburg, seit 1976 in Sagau bei Eutin. Viele Jahre hatte er Arbeitsaufenthalte in Paris. Seine Werke finden sich in Museen und Sammlungen in aller Welt. Er stellte gemeinsam mit Pablo Picasso, Joan Miro oder Henry Moore aus. Für seine Skulpturen verwendete Schumann meist Marmor aus Carrara - von 1963 bis 2009 arbeitete er dort jedes Jahr in den Steinbrüchen. Er schuf aber auch zahlreiche Bronzeplastiken. 2007 erhielt er den Landeskunstpreis des Landes Schleswig-Holstein. Pierre Schumann starb 2011 in Eutin.
Manfred-Samusch-Straße 5
22926 Ahrensburg
Das Kunstwerk liegt an oder in der Nähe der Radrundroute 12 und 15:
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Bronze, 1968, aufgestellt 1983. Ahrensburg, Rathaus, Manfred-Samusch-Straße 5
Quelle: Quellen: Siegfried Karrer, Pierre Schumann, Monografie, Salzburg 2003. Akten der Stadt Ahrensburg. https://de.wikipedia.org/wiki/Pierre_Schumann. Jens Rönnau, Open Air Galerie Kiel, Kunst und Denkmäler, Neumünster 2011, S. 280. Gespräch Jens Rönnau / Pierre Schumann, Juli 2006. Telefonat Jens Rönnau / Pierre Schumann, Juli 2007.
(c) Text/Fotos Jens Rönnau