Knud Knabe: Reinbek
Lange, bevor die Personenscanner in Flughäfen und Kaufhäuser Einzug hielten, hatte ein Hamburger Künstler sie schon erfunden: Der Bildhauer Knud Knabe.
Auf diesen Gedanken könnte man jedenfalls heute kommen, wenn man auf seine silber-glänzenden Stelen trifft. Sie finden sich auf einem Fußweg, der hinter der Kirche am Reinbeker Tabyplatz durch eine Parkanlage zu Siedlungsbauten an der Lübecker Straße und am Eichenbusch führt. Nach etwa 200 Metern muss man eine Art Schleuse passieren: Der Weg bildet dort einen ovalen Platz, der von niedrigen Ziegelmauern eingefasst ist. In ihrer Mitte ragen 2,50 Meter hoch die konvex und konkav gebogenen Stelen empor, zwischen denen man hindurchgehen kann - aber auch darum herum.
Der Künstler hatte dabei indes alles andere im Sinn, als das Überwachen von Menschen. Als er sein Werk 1980 in Reinbek errichtete, ging es ihm um die Kommunikation der Menschen miteinander - ein Reflex auch auf die gleichzeitig errichtete Wohnsiedlung, wo damals für die Bewohner auch Gemeinschaftsräume gebaut wurden. In diesem Sinne entstand Knabes "Tor" im Rahmen eines Kunst am Bau-Wettbewerbs, der einen Blickfang für den Wanderweg zu der Siedlung schaffen sollte.
So entwarf Knabe einen Verweil- und Besinnungspunkt, oder eine Idee des Ortswechsels und des Passieren eines Ortes. Außerhalb des an drei Seiten offenen Ziegelmauern akzentuiert er diese besondere Situation mit zwei dünneren Stelen mit gewelltem Profil, die vier Meter hoch sind - und eigentlich noch höher hätten werden sollen. Wie zwei glänzende Wächter säumen sie diesen Ort der Begegnung, zu dem Knud Knabe äußerte: "Es sind die Zielpunkte, ich wollte etwas schaffen, das nicht abseits steht, sondern in den Alltag einbezogen werden muss. Das abstrakte Objekt soll auf die konkrete örtliche Situation Bezug nehmen." Die inneren Edelstahlelemente aber begreift der Künstler als "die Ummantelung eines Gelenkes" im Sinne der Hülse eines Türscharniers. "Der Mensch, der sich da durch bewegt", sagt er, "ist dann für einen Augenblick der Zapfen." Gelbe Pfeile aus Einbrennlack geben die Richtungen vor.
wurde 1941 in Karlsbad geboren und kam im Alter von vier Jahren als Flüchtling nach Hamburg. Dort studierte er 1957 bis 1959 an der Werkkunstschule, der damaligen Meisterschule für Mode. 1959 bis 1962 folgte ein Studium an der Hochschule für bildende Künste bei Tadeusz Kantor und Eduardo Paolzzi. Knabe ist bis heute nicht nur als Bildhauer tätig, sondern auch als Gestalter und Ausstellungsmacher. Er hat zahlreiche Gestaltungen für den öffentlichen Raum geschaffen, vor allem in Hamburg, aber auch in Glinde. Er hat Brunnenanlagen und Orte der Begegnung geschaffen, oft Tore, Plätze oder Lauben. 1968 war er Teilnehmer der Ausstellung "Aktuelle Kunst in Hamburg" mit der "CO-OP-Künstlercooperative". 1971 erhielt er den Hamburger Edwin-Scharff-Preis. Knud Knabe lebt und arbeitet in Hamburg.
Tabyplatz
21465 Reinbek
Das Kunstwerk liegt an oder in der Nähe der Radrundroute 22: https://tourismus-stormarn.de/de/radrundtouren/rund-ums-billetal-45
Knud Knabe, Tor, Edelstahl V4A, Backstein, 1980. Wanderweg am Tabyplatz Richtung Eichenbusch, Reinbek.
Quelle: Telefongespräche Jens Rönnau mit Knud Knabe am 24. und 25.10.2016. Akten der Stadt Reinbek. Bergedorfer Zeitung, 19. Mai 1980. CO-OP, Künstler-Cooperative Hamburg, https://de.wikipedia.org/wiki/CO-OP_K%C3%BCnstlercooperative_Hamburg 20-10-2016. Denkmal für das "Emigrantenhaus", in: Patriotische Gesellschaft, Heine, Dönhoff und die Primus-Katastrophe: Menschen und Ereignisse in Hamburg, Sutton Verlag, Erfurt 2015, S. 42-44. Knud Knabe, Kunst am Bau für die SAGA in Hamburg, https://www.saga-gwg.de/das-unternehmen/pressebereich/downloads/sagagwg_broschuere_kunst-im-quartier.pdf , 20.10.2016. Knud Knabe, "Tor der Begegnung", Hamburg, Kandinskyallee, in: http://www.myheimat.de/hamburg/kultur/tor-der-begegnung-in-der-kandinskyalle-von-knud-knabe-m3481171,2686117.html, 15.10.2016.
Text/Fotos Jens Rönnau